Mönchspfeffer

May 12, 2024 |
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Der Mönchspfeffer - oder die Dosis macht die Therapie!

Der Mönchspfeffer ist schon seit Jahrhunderten im Einsatz. Die Mittelmeerpflanze, die zu den Lippenblütlern wie Rosmarin oder Lavendel zählt, gehörte schon in der Antike  zu den bekanntesten Pflanzen und viele Mythen sind davon erhalten.

Die Wirkung von Mönchspfeffer wird hauptsächlich seinen bioaktiven Inhaltsstoffen zugeschrieben, darunter Flavonoide, Iridoidglykoside und Diterpene. Insbesondere Agnusid und Casticin gelten als die Hauptwirkstoffe, die medizinisch zu Nutzen gemacht werden.

Der deutsche Name Mönchspfeffer bezieht sich einerseits auf die Form der Früchte bzw. deren pfefferähnlichen Geschmack und zum anderen darauf, dass die Pflanze früher in Klostern zur Dämpfung der Libido verwendet wurde. Die Mönche und Nonnen sollten ein "keusches Lamm" sein, Keuschlamm ist ein weiterer Name, der darauf Bezug nimmt.

Aber schon in der griechischen Mythologie waren der Baum und die Zweige von Vitex agnus castus in göttlichem Gebrauch - Homer berichtet in der Odyssee, dass Odysseus die starken und flexiblen Zweige gebrauchte, um seine Gefährten an die Bäuche der
Schafe zu binden, um damit aus der Höhle des Zyklopen Polyphem zu entkommen. 

Die Göttin Hera war im griechischen Götterhimmel für Ehe und Familie verantwortlich. Sie soll auf der Insel Samos unter einem Mönchspfefferbaum geboren worden sein und auch die eheliche Vereinigung mit Zeus fand einmal jährlich unter diesem Baum statt. Er stand im Garten des Heraions und stand für Reinheit und Keuschheit.

Die Früchte wurden vor allem wegen der schlaffördernden und dämpfenden Wirkung eingesetzt. In der Antike verwendeten Tempelfrauen die Droge auch sehr gezielt gegen zu aufdringliche Männer und die Zweige wurden verwendet, um Schlafgemache damit auszukleiden.

Allerdings gibt es viele Berichte über gegensätzliche Wirkungen!

Studien haben gezeigt, dass die reifen, getrockneten Früchte die Ausschüttung von Dopamin anregen können. Dopamin wirkt als Neurotransmitter im Gehirn und beeinflusst Belohnung, Motivation, Bewegung, Stimmung, kognitive Funktionen und Suchtverhalten. Mönchspfeffer regt auch die die Ausschüttung verschiedener Sexualhormone (u.a. Androstendion, 17-α-Hydroxyprogesteron und Progesteron) an. Progesteron spielt eine wichtige Rolle bei der Therapie des prämenstruellen Syndroms PMS (körperliche und psychische Beschwerden vor dem Einsetzen der Periode). 

Eine kürzlich durchgeführte randomisierte, placebokontrollierte Studie, veröffentlicht im Journal of Women's Health, ergab, dass Mönchspfeffer bei Frauen mit PMS-Symptomen signifikante Verbesserungen der psychischen Symptome wie Reizbarkeit und Depression bewirkte. Die Studie deutete auch darauf hin, dass Mönchspfeffer die Serotonin-Rezeptoraktivität beeinflussen könnte, was zu seinen stimmungsaufhellenden Effekten beiträgt.

Mönchspfeffer wird auch als Mittel zur Steigerung der Milchproduktion (Galactagogum) bei stillenden Müttern (HILLER & MELZIG 2003) eingesetzt.

Neuere wissenschaftliche Untersuchungen haben dagegen festgestellt, dass die Produktion des die Milchdrüsen und die Milchbildung anregenden Hormons Prolaktin durch Mönchspfefferextrakte gesenkt werden kann.

Bei Mönchspfeffer als Pflanzenextrakt oder Frucht ist die Wirkung also möglicherweise eine Frage der Dosis! 

Hier gilt es keine starren Einnahmeschemata einzuhalten, sondern sehr genau auf die individuelle Wirkung zu achten!

Wer nach der Einnahme von Mönchspfeffer eher lange Zyklen, unregelmäßigen Blutungen oder Stimmungstiefs wahrnimmt, sollte die Einnahme überdenken und die Dosis ggf. ändern.

Obwohl Mönchspfeffer im Allgemeinen als sicher gilt, gibt es einige potenzielle Nebenwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen zu beachten. Es kann zu Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit oder Verdauungs-störungen, Kopfschmerzen und Hautausschlägen, insbesondere zu Beginn der Einnahme kommen. Es wird empfohlen, die Dosierung langsam zu steigern, um solche Nebenwirkungen zu minimieren. Personen mit hormonabhängigen Erkrankungen wie Brustkrebs sollten Mönchspfeffer vermeiden oder ihn nur unter ärztlicher Aufsicht einnehmen

Die homöopathische Verwendung zielt hingegen sehr genau auf eine allgemeine körperliche Schwäche (bei Männern und Frauen), unterdrückte Menstruation, fehlende Libido und vorzeitige Alterungserscheinungen. Es ist angezeigt bei schlechtem Gedächtnis, großer Traurigkeit und launischem Gemüt. Der Milchfluss ist versiegt (natürlich bei Schwangeren!) und der Bauch nach dem Essen aufgebläht und druckempfindlich. 

Tatsächlich empfehle ich Agnus Castus in homöopathischer Potenzierung auch bei entzündlichen und rheumatischen Gelenkschwellungen und leichter Neigung zu Verrenkungen und Verhebungen. Wie bei allen homöopathischen Arzneien sollte vorher eine vollständige Anamnese und Repertorisation durchgeführt werden.

Heike Schulze-Pfau, 12. Mai 2024