In der heutigen hektischen Welt ist Stress allgegenwärtig. Ein wesentlicher Akteur in der physiologischen Stressreaktion unseres Körpers ist das Hormon Cortisol. Doch während Cortisol oft als das primäre "Stresshormon" bekannt ist, spielt Progesteron, ein weiteres wichtiges Hormon, eine signifikante Rolle bei der Regulation von Cortisol.
In diesem Blogbeitrag möchte ich den Einfluss von Progesteron auf Cortisol genauer beleuchten und die besondere Situation von Frauen in den Wechseljahren sowie während der Einnahme der Anti-Babypille betrachten.
Was ist Cortisol?
Cortisol wird in der Nebennierenrinde produziert und ist für zahlreiche wichtige Funktionen im Körper verantwortlich. Dazu gehören die Regulation des Stoffwechsels, die Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus und die Unterstützung des Körpers in Stresssituationen. Bei akutem, aber vor allem bei chronischem Stress wird Cortisol freigesetzt, um den Körper in einen Zustand hoher Alarmbereitschaft zu versetzen, Energie bereitzustellen und Entzündungsreaktionen abzuwehren.
Andere Stresshormone: Adrenalin, Noradrenalin und mehr
Neben Cortisol spielen auch andere Hormone eine entscheidende Rolle in der Stressreaktion des Körpers:
Adrenalin:
Adrenalin wird ebenfalls in der Nebennierenrinde produziert und sorgt für eine sofortige Mobilisierung von Energie. Es erhöht die Herzfrequenz, verbessert die Durchblutung der Muskeln und steigert die Sauerstoffversorgung des Gehirns. Diese Veränderungen bereiten den Körper auf eine "Kampf-oder-Flucht"-Reaktion vor.
Noradrenalin:
Noradrenalin wird sowohl in der Nebennierenrinde als auch im zentralen Nervensystem produziert. Es wirkt ähnlich wie Adrenalin, fördert jedoch zusätzlich die Aufmerksamkeit und Wachsamkeit. Es bereitet den Körper auf eine schnelle Reaktion vor und unterstützt die kurzfristige Stressbewältigung.
Vasopressin:
Auch bekannt als antidiuretisches Hormon (ADH), wird Vasopressin im Hypothalamus produziert und in der Hypophyse freigesetzt. Es spielt eine Rolle bei der Regulierung des Wasserhaushalts und des Blutdrucks und kann ebenfalls an der Stressantwort beteiligt sein.
Diese Hormone wirken zusammen, um eine koordinierte Stressreaktion zu ermöglichen.
Die Rolle von Progesteron: Mehr als nur ein Hormon für die Fortpflanzung
Progesteron ist ein Steroidhormon, das hauptsächlich in den Eierstöcken produziert wird. Zu Zeiten des Eisprungs bildet die übrig gebliebene Eihülle, der Gelbkörper, dieses Hormon. Es spielt eine zentrale Rolle im weiblichen Menstruationszyklus und bei der Aufrechterhaltung der Gebärmutterschleimhaut und dadurch der Schwangerschaft. Doch Progesteron hat auch zahlreiche andere Funktionen im Körper, einschließlich der Beeinflussung des zentralen Nervensystems und der Immunreaktionen.
Der Zusammenhang zwischen Progesteron und Cortisol
Die Beziehung zwischen Progesteron und Cortisol ist komplex!
Hier sind einige der wichtigsten Aspekte:
Gemeinsamer Ursprung:
Beide Hormone sind Steroidhormone und werden aus Cholesterin hergestellt. Der Syntheseweg dieser Hormone weist gemeinsame Zwischenprodukte auf. In Stresssituationen kann der Bedarf an Cortisol die Verfügbarkeit von Progesteron beeinträchtigen, da sie um die gleichen Vorläufermoleküle konkurrieren.
Progesteron als Cortisol-Gegenspieler:
Progesteron kann als natürlicher Antagonist von Cortisol wirken. Es hat beruhigende Eigenschaften und kann die Auswirkungen von Cortisol auf das zentrale Nervensystem abschwächen. Diese antagonistische Wirkung bedeutet, dass hohe Progesteronspiegel helfen können, die negativen Effekte einer erhöhten Cortisolausschüttung zu reduzieren.
Einfluss auf die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse):
Progesteron kann die Aktivität der HPA-Achse modulieren. Die HPA-Achse ist das zentrale Steuerungssystem, das zentrale Funktionen wie Fruchtbarkeit oder die Reaktion des Körpers auf Stress reguliert. Progesteron kann die Empfindlichkeit der HPA-Achse und somit das Cortisol beeinflussen .
Schwangerschaft und Stressreaktion:
Während der Schwangerschaft steigen die Progesteronspiegel deutlich an. Dieser Anstieg hilft, das Immunsystem der Mutter zu stabilisieren und eine übermäßige Stressreaktion zu verhindern, die für die Schwangerschaft schädlich sein könnte. Hohe Progesteronspiegel können somit die Cortisolausschüttung dämpfen und die Stressresilienz der Mutter erhöhen.
Wechseljahre und Progesteron
Mit dem Beginn der Wechseljahre setzen signifikante hormonelle Veränderungen ein, einschließlich eines Rückgangs des Progesteronspiegels (weil Eisprünge nun nicht mehr regelmäßig vorkommen). Dieser Abfall hat verschiedene Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden:
Erhöhte Cortisolspiegel:
Niedrigere Progesteronspiegel bedeuten einen Verlust der regulierenden Wirkung auf Cortisol. Dies kann zu relativ erhöhten Cortisolspiegeln führen, die mit verschiedenen negativen gesundheitlichen Auswirkungen verbunden sind, wie z.B. erhöhter Blutdruck, Gewichtszunahme, Schlafstörungen und eine verminderte Immunfunktion.
Stimmungsschwankungen und Angst:
Progesteron hat beruhigende und angstlösende Eigenschaften. Ein Rückgang dieses Hormons kann daher erhöhte Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen und Angstzustände verursachen. Dies ist besonders relevant in den Wechseljahren, wenn viele Frauen über verstärkte emotionale Instabilität berichten.
Schlafstörungen:
Progesteron fördert den Schlaf, und ein Rückgang des Hormons kann zu Schlafproblemen führen. Schlafmangel kann wiederum die Cortisolausschüttung erhöhen, was einen Teufelskreis von Stress und Schlaflosigkeit erzeugen kann.
Körperliche Veränderungen:
Chronisch erhöhte Cortisolspiegel können die Fettverteilung im Körper beeinflussen (...das berüchtigte Bauchfett)! Dies ist ein häufiges Problem für Frauen in den Wechseljahren und kann zusätzlich durch erhöhte Estrogen-Werte verschärft werden.
Progesteron und die Anti-Babypille
Auch bei der Einnahme der Anti-Babypille spielen Progesteron und Cortisol eine wichtige Rolle. Die Pille enthält synthetische Formen von Progesteron (Gestagene), die den natürlichen Hormonhaushalt beeinflussen können:
Synthetisches Progesteron und Cortisol:
Synthetische Gestagene können an die gleichen Rezeptoren wie natürliches Progesteron und Cortisol im Körper anbinden. Dies führt zu einer Konkurrenz um die Rezeptorbindung, was die Wirkung beider Hormone verändern kann. Die Einnahme der Pille spielt deshalb eine Rolle bei der Cortisolwirkung.
Stimmung und Stressreaktion:
Wie natürliches Progesteron kann auch synthetisches Progesteron die Stimmung und die Stressreaktion beeinflussen. Frauen, die die Pille einnehmen, berichten häufig über Veränderungen in ihrer emotionalen Stabilität, die teilweise auf diese hormonellen Interaktionen zurückzuführen sein können.
Langfristige Auswirkungen: Der langfristige Gebrauch von synthetischen Hormonen kann den natürlichen Hormonhaushalt nachhaltig beeinflussen und das körpereigene Progesteron nachhaltig verringern. Das hat Auswirkungen auf die Stresstoleranz und die allgemeine Verfassung.
Praktische Bedeutung
Die Wechselwirkung zwischen Progesteron und Cortisol ist bedeutsam für die Stressbewältigung und die Gesundheit, insbesondere für Frauen in den Wechseljahren und während der Einnahme der Anti-Babypille:
Hormonersatztherapie und Verhütungsmittel: Frauen, die die Anti-Babypille einnehmen, sollten sich über die möglichen Auswirkungen auf ihren Hormonhaushalt und ihre Stressreaktionen im Klaren sein. Bei Frauen in den Wechseljahren ist eine gezielte Hormonersatztherapie (HRT) mit bioidentischem Progesteron Millimeterarbeit und gehört in die Hände von ExpertenInnen. Besser eignet sich pflanzliche Therapeutika, die hormonell ausgleichend wirken, wie z.B. Yamswurzel, Safran, Tulci, Schisandra oder der regionale Leinsamen.
Lebensstiländerungen: Regelmäßige körperliche Aktivität, gesunde Ernährung und Techniken zur Stressbewältigung (z. B. QiGong, Meditation, Yoga) können helfen, die Hormonbalance zu unterstützen und die Cortisolspiegel zu regulieren.
Fazit
Die Wechselwirkung zwischen Cortisol und Progesteron ist sehr bedeutsam, besonders für Frauen in Stressphasen, in den Wechseljahren und für Frauen, die die Anti-Babypille einnehmen oder genommen haben.
Heike Schulze-Pfau, Mai 2024
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